Sonnige Konjunktur im Herbst

Sonnige Konjunktur im Herbst

Sonnige Konjunktur im Herbst

Die Unternehmen in der Region bewerten die aktuelle Geschäftslage so gut wie seit fünf Jahren nicht mehr. Das ergab die jüngste Konjunkturumfrage der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim.

Alle Branchen melden nach einer Mitteilung der IHK die höchste Kapazitätsauslastung der letzten zweieinhalb Jahre. Den deutlichsten Umsatzanstieg verbuchen mit 40 Prozent die Dienstleistungsunternehmen. Der in den letzten Umfragen befürchtete Konjunktureinbruch trat über die Sommermonate nicht ein.

„Die Wirtschaft in der Region zeigt sich von ihrer Sonnenseite“, sagt Dr. Jürgen Helmes, Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim. „Allerdings hielten sich die Unternehmen mit Investitionen zurück, trotz hoher Anreize durch niedrige Zinsen und voller Auslastung ihrer Kapazitäten“, fasst Helmes zusammen.

Im Exportgeschäft verlagern sich die Zielländer. Die Eurozone füllt  Lücken, die China und Russland im Exportgeschäft hinterließen. Mit 27 Prozent überwiegt erstmals seit 2013 die Zahl derer, bei denen Auslandsaufträge sanken und das Inlandsgeschäft stieg.

Die Unternehmen spüren ihre zunehmende Abhängigkeit von der Binnenwirtschaft. Außerdem belasten sie Fachkräftemangel, die Uneinigkeit in der EU und die Bankenkrise. Von der Politik wünschten sich die meisten Unternehmen wirtschaftsfreundliche Beschlüsse, fürchten aber das Gegenteil.

 

Wettbewerbs-, Innovations- und Personaldruck

Alle Branchen verspüren hohen Wettbewerbs-, Innovations- und Personaldruck. "Die Geschäftswelt verändert sich stark,“ findet Stephan Irlbacher von der Irlbacher Blickpunkt Glas GmbH, einem glasverarbeitenden Betrieb in Schönsee und ergänzt: Durch unsere eigene Produktentwicklung setzen wir ständig neue Innovationen in Zusammenarbeit mit unseren Kunden." So bleibt Irlbacher konkurrenzfähig. Mit Tschechien vor der Tür, kommt ihn auch das Fachkräfteproblem weniger hart an.

Alle Branchen wollen einstellen, vor allem Industrie, Dienstleister und Gastgewerbe. 46 Prozent der befragten Unternehmen im IHK-Bezirk können offene Stellen längerfristig nicht besetzen. Mitarbeiter mit einer dualen Ausbildung sind heiß begehrt. 41 Prozent der Stellenanzeigen betreffen technische Berufe, 27 Prozent Berufe des Gastgewerbe und 16 Prozent die Branchen Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit.

Die rückläufige Geschäftserwartung basiert überwiegend auf saisonalen Anpassungen in der Bauwirtschaft, im Tourismus und im Handel. Vor allem der Handel fürchtet. „Der Online-Handel, der Direktvertrieb durch die Hersteller mit Dumpingpreisen und die Ausschreibungspflicht von öffentlichen Aufträgen trüben die insgesamt positive Entwicklung“, sagt Alois Schmid, Geschäftsführer der Offits GmbH in Regensburg, einem Händler für Bürotechnik- und -einrichtung.

Industrie und Dienstleister zeigen sich zuversichtlich. Die Auftragserwartungen bewegen sich auf einem gleichbleibend guten Wert. Durch den Preisanstieg bei einzelnen Rohstoffen seit dem Frühjahr ergibt sich eine moderat steigende Inflationsrate. 25 Prozent werden ihre Preise erhöhen.

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Bauwirtschaft

In der regionalen Baubranche herrscht nach wie vor eine starke Dynamik. Sechs von zehn Unternehmen berichten über eine gute Geschäftslage. Im Vergleich zu den Vorumfragen gehen deutlich positivere Effekte vom Wohnungsbau aus. Bei einem Drittel der Befragten stiegen die Aufträge für Unternehmensbauten. Die Wettbewerbssituation lässt seit längerem wenig Spielraum für Preiserhöhungen, das trifft insbesondere für öffentliche Aufträge zu. Nur sieben Prozent erwarten die nächsten Monate zusätzliche Impulse durch öffentliche Hoch- oder Tiefbauaufträge. Der zögerliche Infrastrukturausbau auf den Autobahnen und Bundesstraßen wird als regionales Hemmnis bewertet. Per Saldo stagniert die Beschäftigtenzahl, überwiegend deshalb, weil 74 Prozent der Befragten längerfristig ausgeschriebene Stellen nicht besetzen können. Für die Wintermonate rechnet über die Hälfte der Unternehmen mit gleich bleibender Kapazitätsauslastung. Im wetterunabhängigen Ausbaugewerbe sind die Auftragsbücher gut gefüllt.

Dienstleistungen für Unternehmen

Auf die unternehmensnahen Dienstleister wirkt sich die positive wirtschaftliche Entwicklung am stärksten aus. Mit einem Saldo-Wert zwischen „gut“- und „schlecht“-Antworten von 55 befindet sich die Branche weiterhin auf Höhenflug. Eine Ausnahme bilden Arbeitnehmerüberlassungen. Aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen ist der Umsatz der Zeitarbeitsfirmen rückläufig. Die Logistikbetriebe zeigen eine gute Auftragslage ohne große Schwankungen. Die Branche rechnet über alle Unternehmensgrößen hinweg mit weiterem Wachstum, setzt dabei aber deutlich auf  Impulse aus dem Inland. Zum Jahreswechsel rechnen Finanz- und Versicherungsunternehmen mit einer besseren Geschäftslage, in der Versicherungswirtschaft sollen die Preise aufgrund sich häufender Schadensregulierungen steigen.

Handel

51 Prozent positive Rückmeldungen und 40 Prozent zufriedene Handelsunternehmen unterstreichen die gute Geschäftslage der Branche. Vor allem der Großhandel steigerte sich seit Jahresbeginn. Wegen des schlechten Wetters im Sommer klagt der Einzelhandel über einen erhöhten Lagerbestand von Saisonartikeln. IT- oder Rohstoffhändler berichten über sinkende Margen. Die Beschäftigungspläne sind konstant, nur jeder zehnte Arbeitgeber will den Personalbestand verringern. Zwar zeichnet sich ein Anstieg des Verbraucherpreisindex ab, dennoch rechnet der Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft mit steigenden Umsätzen. Der Rückgang der Erwartungskurve basiert auf den bei 72 Prozent der Großhändler stagnierenden Erwartungen. Der Großhandel hofft auf mehr Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung sowie der kaufrechtlichen Mängelhaftung.

Industrie

Die aktuelle Geschäftslage wird von 54 Prozent der Befragten als „gut“ bewertet. Besonders bei den impulsgebenden Betrieben ab 50 Beschäftigten gibt es keine Negativmeldungen. In Übereinstimmung mit der amtlichen Statistik über das Exportvolumen berichten die Industrieunternehmen über stabile Auftragszahlen aus dem Ausland, ein Drittel freut sich über zusätzliche Abschlüsse mit deutschen Geschäftspartnern. Vergleichsweise geringe Lagerbestände erklären die kurzfristigen Auftragszuwächse der letzten Monate. Die Industriebetriebe im IHK-Bezirk erwarten in den nächsten Monaten zu 70 Prozent eine unveränderte Auftragslage. Mit 74 Prozent antworteten die meisten Branchenvertreter auf die Frage nach den höchsten Risiken: „Uneinigkeit in der EU“. Vor dem Hintergrund nationaler und geopolitischer Risiken planen 17 Prozent keine Investitionen.

Tourismusgewerbe

Die Geschäftslage bei Hotels, Gaststätten und Reisegewerbe liegt im Durchschnitt der letzten Herbstbefragungen. Die Auslastung betrug 57 Prozent. Ein Drittel verbuchte über die Sommermonate Umsatzsteigerungen, dabei zeigt sich ein einheitliches Bild über alle Tourismusdestinationen im IHK-Bezirk. Reiseunternehmen berichten über gestiegenen Beratungsbedarf durch die Terrorgefahr, dadurch stiegen bei 15 Prozent der Betriebe die Buchungen am Schalter. Dies konnte den grundsätzlichen Rückgang der Reisebuchungen von 23 Prozent jedoch nicht auffangen. Viele Hotel- und Gaststättenbetriebe planen in den nächsten zwölf Monaten Investitionen. Allerdings gehen nur noch 16 Prozent der Befragten von einer verbesserten Geschäftslage in den nächsten Monaten aus. Als Risikofaktoren sowohl für den inländischen als auch den ausländischen Tourismus sehen die Unternehmen Terrorgefahr, Turbulenzen in der Türkei oder die in der Diskussion stehenden Alternativen zur blauen Umweltplakette.

Der IHK-Konjunkturbericht im Internet:

www.ihk-regensburg.de/konjunkturbericht

 



Veröffentlicht von Ingo Knott , 13.10.2016
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